Josef Virgil Grohmann: Sagen-Buch von Böhmen und
Mähren (1863) Lvs.
37 to 38 4. Die Weiße
Jungfrau, 54.
Die heilige Walpurgis auf der Flucht.
Der
Tag der heiligen Walpurgis (1. Mai) wird im benachbarten Böhmen
viel gefeiert. Nach dem Glauben der Bewohner des Riesengebirges aber
giebt es 9 Walburgisnächte, welche dem Namensfeste der Heiligen
unmittelbar vorangehen. In diesen neun Nächten (von Georgi an) läßt
man ein kleines Fenster im Hause offen. Dann hofft man am Morgen nach
der letzten Nacht in jenem Fenster ein Goldstück zu finden, das die
heilige Walpurgis hingelegt hat. Die heilige Walburgis wird nämlich
in diesen Nächten unaufhörlich von wilden Geistern verfolgt und
flieht von Dorf zu Dorf und sucht nach einem Versteck, um sich zu
verbergen. Sie flüchtet am liebsten hinter kleine geöffnete
Fenster und verbirgt sich hinter das Fensterkreuz. Dort läßt sie
den Zug ihrer Verfolger vorüberbrausen und legt dafür zum Danke ein
kleines Goldstück auf das Gesims des Fensters und flieht dann
weiter. Betet man stets um Mitternacht ein Ave für die Heilige, so
ist das Haus für dieses Jahr vor Feuerschaden sicher.
Viele
haben die heilige Walpurgis auf ihrer Flucht schon gesehen. Einst
ging ein Bauer spät in der Nacht durch den Wald. Da begegnete ihm in
der Mitte des Waldes eine Weiße Frau mit feurigen Schuhen, langen
wallenden Haaren, eine goldene Krone auf dem Haupte und in den Händen
einen dreieckigen Spiegel und eine Spindel. Eine Strecke hinter der
Frau gewahrte er einen Trupp Reiter auf weißen Rossen, die sich
anstrengten, die Flüchtige einzuholen. Es war die heilige Walpurgis
und ihre Verfolger. Vor Furcht warf sich der Bauer zu Boden, brausend
ging der Zug über ihn hinweg.
Ein
andermal führte ein Bauer, da er Regenwetter fürchtete, des Nachts
noch sein Getreide ein. Da schwebte plötzlich die heilige Walpurgis
vor seinem Wagen und bat ihn freundlich, sie in eine Garbe zu
verstecken, da ihr die Feinde auf dem Fuße folgten. Der Bauer ließ
sich erbitten und verbarg die Heilige in einer Garbe. Daher wird die
heilige Walpurgis mit einer Garbe abgebildet. Kaum war die Heilige
verborgen, als unter wildem Hallo die weißen Ritter vorüberbrausten.
Der Bauer schlug schnell ein Kreuz und wurde so gerettet. Die heilige
Walpurgis stieg hierauf aus dem Wagen, dankte dem Bauern und sagte,
er solle wohl der Garben achten. Der Bauer fuhr nach Hause; aber wer
beschreibt seine Freude, als er des anderen Morgens Goldkörnlein
statt Roggen in den Ähren fand! Er war ein reicher Mann und lebte
glücklich und zufrieden.(Mündlich aus Senftenberg. Th. Bondy aus
Prag.)
The day of St. Walpurgis (1 May) is celebrated a
lot in neighbouring Bohemia. However, according to the beliefs of the
inhabitants of the Krkonoše Mountains, there are 9 Walburg's nights,
which immediately precede the name-feast of the saint. During these nine
nights (from st. George's day) a small window in the house is left open. Then
one hopes in the morning after the last night in that window to find
a piece of gold which St. Walpurgis has laid down. The Holy Walburgis
is still incessantly persued in those nights by wild spirits and flees
from village to village, looking for a place to hide. She
prefers to escape behind small open windows and hides behind the
window cross. There she lets the train of her pursuers rush by and,
in return, puts a small piece of gold on the cornice of the window
and then flees away. If you always pray for the saint at midnight,
the house will be safe from fire damage that year.
Many have already seen St. Walpurgis in her
flight. Once a farmer went through the forest late at night. Then in
the middle of the forest he met a white woman with fiery shoes, long
flowing hair, a golden crown on her head, and in her hands a
triangular mirror and a spindle. A distance behind the woman he saw a
troop of riders on white horses, struggling to catch up with the
fugitive. It was St. Walpurgis and her pursuers. The farmer threw
himself to the ground in fear, and the train roared over him.
Another time, a farmer fearing rainy weather, at
night got in his corn. Then suddenly Saint Walpurgis was hovering
in front of his waggon and kindly asked him to hide her in a sheaf
as the enemies followed her on her foot. The farmer gave her
permission and hid the saint in a sheaf. Therefore, the holy
Walpurgis is depicted with a sheaf. No sooner had the saint been
hidden than the white knights (weißen Ritter)
rushed by with a wild halloo. The farmer
quickly struck a cross and was saved. Saint Walpurgis then got out of
the waggon, thanked the farmer, and told him to think highly of the
sheaves. The farmer went home; but who can describe his joy when,
the next morning, he found grains of gold instead of rye in the ears!
He was a rich man and lived happily ever after. (Orally from
Senftenberg, Th. Bondy from Prague.)
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